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Eine Reise nach Südosteuropa

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Ein gelungener Festivalauftakt mit vielen unbekannten Stücken.
Ein gelungener Festivalauftakt mit vielen unbekannten Stücken. © Amann

Kempten – Das 9. Internationale Festival der Kammermusik wurde am vergangenen Sonntag mit den Balkan-Tänzen des kroatischen Komponisten Alojz Srebotnjak er- öffnet. Im Arrangement für Klarinette, Violoncello und Klavier erklangen balkanischer Melos – aber Moment, was ist das eigentlich genau?

Sind es die wechselnden Rhythmen, die ungewohnten Töne durch geschlagene Cellosaiten, die Gefühle von wehmütig bis Beschwingtheit? So ganz genau wusste das vermutlich die Mehrzahl der Zuhörer im Theater in Kempten nicht. Und waren erleichtert, dass auch Kenner der Kammermusik beim Thema Südosteuropa Hörer-Novizen sind oder waren.

Festivalorganisator Dr. Franz Tröger, der im Anschluss seinen Dank an alle Sponsoren und Helfer richtete, zog eine Analogie zwischen Schneewittchens gedecktem Tisch bei den Zwergen und der Schatzsuche von „Spürnase Triendl“. Je tiefer der künstlerische Leiter des Festivals, Oliver Triendl, in Südosteuropa grub, desto reichlicher war der Tisch mit Fundstücken gedeckt. Gerne Platz genommen hat auch Oberbürgermeister Thomas Kiechle. Das Festival der Kammermusik ist einer der Leckerbissen, die ihm sein Vorgänger Netzer bei diesem „Traumjob“ versprochen hatte. Kiechle würdigte das Festival nicht nur als kulturelle Bereicherung der Stadt Kempten, sondern spannte auch einen Bogen zur 25-Jährigen östlichen Grenzöffnung.

Auf zwei Redner folgten nun drei Stücke für Flöte und Klavier des albanischen Komponisten Çesk Zadeja. Als die Flötistin Júlia Gállego die Bühne betrat, erwartete man weiche Melodien und war überrascht von den bravourös gespielten, aber sehr zackigen drei Stücken. Erwarten war in diesem Stück sowieso falsch, denn ständig kam es anders daher, als man dachte. Ein Stück mit – vielleicht albanischem – Charakter, den Oliver Triendl am Klavier eindrucksvoll unterstrich.

Eigentlich sollten nach den drei Stücken nun vier Kontrabässe folgen, um die Rumänischen Volksweisen zu spielen. Dass der sympathische Musikprofessor und Komponist Petru Iuga das Stück allein interpretierte, schmälerte den Genuss für die Zuhörer keineswegs. Der Geräuschkünstler holte alles aus seinem Instrument heraus, sang eine nordrumänische Liebesgeschichte und erbat am Schluss vom Publikum auch einen Applaus für seinen einzigen Partner auf der Bühne – den Kontrabass.

Gelungene Dialoge

Beim Bauerntanz, einem ebenfalls rumänisches Stück von Constantin Dimitrescu ging es fast überschwänglich weiter. Als Vertreter der spätromantische Musik kam das Werk dem Publikum ein bisschen vertraut vor, ehe es durch die drei Dialoge wieder gänzlich überrascht wurde. Mit dem großen (Kontrabass) und kleinen (Violine) Bruder aus der Familie der Streichinstrumente sorgte Boris Papadopulo für Kontraste nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb seiner gelungenen Dialoge.

Kontrastreich war auch Lamentoso, ein Werk des Composer-in-Residence Milan Mihaj- lovic. Stellte man sich zu Beginn auf ein ruhiges, getragenes Stück ein, gaben die Künstler bis zu einem dramatischen Höhepunkt alles, um dann, und hier hielten nicht nur die Instrumente kurz inne, auch dem Zuhörer stockt kurz der Atem, in den gemächlichen Beginn zurückzufallen. Das letzte und vielleicht einzig bekannte Stück des Abends, war ein durchgängiges Feuerwerk, so umfangreich, dass sogar die Notenständer zu klein waren. Ein Klavier, ein Streichquintett und noch dazu mit Kontrabass, braucht eben etwas Platz. Glaubt man dem Applaus, wurde dieses sehr eingängige und mitreißende Werk von George Enescu unter all den wunderbaren Stücken ein bisschen zum Publikumsliebling.

Das Konzert war kurzweilig und machte einfach Spaß - gerne hätte es gleich schon Montagabend mit der Schatzsuche weitergehen können. Aber gönnen wir den Musikern ein bisschen mehr Zeit, gemeinsam zu Proben. Denn es ist fast unglaublich, dass sich die heutigen Künstler ihr Zusammenspiel in nur ein bis zwei Tagen erarbeitet hatten.

Wer weitere Fundstücke entdecken will, ist vom heutigen Mittwoch, 24., bis Sonntag, 28. September, herzlich willkommen, diese großartige Reise ins musikalische Südosteuropa gemeinsam mit 20 Musikern aus 13 Ländern anzutreten. Das Festival lädt ein, die Schätze am gedeckten Tisch zu genießen. Es kostet nicht viel mehr, als ein bisschen Mut, sich gemeinsam auf Neues einzulassen. Denn das spürte man bereits am Eröffnungsabend des Festivals: hier treffen sich Freunde der Musik und überschreiten zusammen Grenzen. Kartenvorkerkauf beim Kreisbote, Salzstraße 30. Infos unter www.fuerstensaalclassix.de

Cordula Amman

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