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Germaine Tailleferre: ›Suite burlesque‹ für Klavier zu vier Händen

Konzert V – Sonntag, 01.10.2017, 17:00 Uhr, Theater in Kempten
Germaine Tailleferre (1892-1983): ›Suite burlesque‹ (1980) für Klavier zu vier Händen

Germaine TailleferreMit bewundernswerter Beharrlichkeit verfolgte die in bürgerlichen Verhältnissen aufgewachsene Germaine Taillefesse, die sich aus Protest gegen ihren Vater, der ihr zunächst das gewünschte Studium am Pariser Conservatoire verwehrte, in Germaine Tailleferre umbenannte, ihre Karriere als Komponistin. Der von ihrer Mutter heimlich ermöglichte Unterricht bei so berühmten Lehrern wie Nadia Boulanger, Maurice Ravel oder Charles-Marie Widor, auch der Kontakt mit Studienkollegen und Bekannten aus den Künstlertreffs am Montmartre, vermittelte ihr nicht nur ein solides handwerkliches Können, vielmehr konnte sie eine eigenständige, selbstbewusste Tonsprache entwickeln, preisgekrönt in Wettbewerben, in denen Juroren wie Gabriel Fauré und Claude Debussy saßen. Mit einer Reihe von Musikerkollegen aus dem weltoffenen Pariser Milieu gründete sie (als einziges weibliches Mitglied!) die später so berühmte Groupe des Six mit ihrem Wortführer Jean Cocteau, die als gemeinsames Ziel die Abwendung von der Spätromantik und vom Impressionismus eines Claude Debussy verfolgten. An deren Stelle sollten aktuell entwickelte Formen der populären Musik, insbesondere aber eine als französisch erkennbare, einfachere Tonsprache treten.

Ungeachtet einiger komplexen Werke größeren Formats aus den späteren Jahren blieb ihre Einstellung, die sie in einem Radiointerview 1976 mitteilte und die ihr umfangreiches Gesamtwerk (etwa 300 Werktitel) insgesamt prägt, weitgehend unverändert: »Ich vermute, die heutigen Musiker sind viel stärker an Systematik interessiert. Die heutige Musik ist ohne Elan, sehr überlegt, gewollt. Ich finde das sehr interessant, aber sie macht mir kein Vergnügen, sie gibt mir keine Lebensfreude. Wenn ich demgegenüber an unsere Reaktion gegen die Impressionisten denke! Wir wollten eine fröhliche Musik, die funkelte!« Der große »Vereinfacher« Eric Satie, mit dem sie befreundet war, hat erkennbar ihr nahezu über acht Jahrzehnte ausgedehntes Schaffen beeinflusst; der  Titel Le chanson de l’elephant eines ihrer Lieder ist ein äußeres Zeichen hierfür. Der Komponist und Musikkritiker RolandManuel charakterisierte das in einer Portraitskizze mit den Worten: »Sie will nie durch schockierende Neuheiten aufrütteln (wie viele Kollegen, die sich dadurch eine größere Öffentlichkeit erhofften), sondern bewahrt einen spielerischhumorvollen Ton, der gefallen will.« Und weiter: »Eine Kunst ohne Verweichlichung, aber nicht ohne Feinheit. Eine heitere Grazie, fein und würdevoll. Ein Lächeln ohne Arroganz, aber nicht ohne Offenherzigkeit.«

Die Suite burlesque mit dem Untertitel 6 petites pièces faciles pour piano à 4 mains, eines der letzten Stücke aus Germaine Tailleferres Feder, knüpft an an Jeux de plein air, ein Werk für zwei Klaviere, das ganz am Beginn ihrer Werkliste zu finden ist. Und wie auch seinerzeit, benützt sie klare Formen, einfache Themen, Kinderlieder. Als wäre die Zeit stehen geblieben, erinnert die Serie der sechs Titel, wo sich melancholische und ruhig wiegende (Barcarolle) Teile eingebettet finden in das kecke Pimpante und das in der Tat feurige Fringante, an die Vielzahl gleichartiger Stücke aus den 1920er Jahren, allesamt wohl für den häuslichen Gebrauch von heute so vergessenen Pariser Komponisten wie Georges Dandelot, Louis Vuillemin oder Déodat de Séverac geschrieben. Einfach, empfindsam und liebenswert!

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