Nadia Boulanger: Drei Stücke für Violoncello und Klavier
Konzert I – Mittwoch, 27.09.2017, 20:00 Uhr, Theater in Kempten
Nadia Boulanger (1887-1979): Drei Stücke (1914) für Violoncello und Klavier
Das reiche musikalische Umfeld der Familie Boulanger (dominierend ihr Vater, Gesangslehrer und Opernkomponist) ermöglichte der ältesten Tochter Nadia nach frühesten Vorbereitungen bereits mit neun Jahren den Eintritt ins Pariser Conservatoire, wo sie u. a. bei so berühmten Lehrern wie Fauré und Widor das kompositorische Rüstzeug erwarb. Mit einer Serie erster Preise versehen, begann sie eine beispiellose Lehrtätigkeit an verschiedenen akademischen Instituten, in deren Verlauf sie u. a. für nahezu alle bedeutenden Komponisten aus den USA die wichtigste Anlaufstation wurde. Dass ihre jüngere Schwester Lili (siehe Artikel zum Konzert II des Festivals) den begehrten Prix de Rome 1913 im ersten Anlauf gewann, bei dem sie es selbst nur zum zweiten Preis gebracht hatte, mag einer der Auslöser gewesen sein, dass sie sich vom Komponieren mehr und mehr zurückzog – ein großer Verlust für die Nachwelt und ein Glücksfall für die durch sie ausgebildeten Musiker, denen sie sich seither voll widmen konnte.
Die Drei Stücke aus dem Jahr 1914 zeigen exemplarisch die klare, konzentrierte kompositorische Arbeitsweise, die Gabriel Faurés Anmerkung, er halte ihre Abstinenz vom Komponieren für ihren größten Fehler, verständlich macht. Man glaubt, in dem dreiteiligen Werk eine Verwandtschaft zur gleichzeitig entstandenen Cellosonate Claude Debussys zu spüren. Das letzte der Stücke mit der Bezeichnung Vite et nerveusement rythmé überrascht mit leidenschaftlichem Überschwang mit iberischen Anmutungen.