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Zara Levina: Violinsonate

Konzert I – Mittwoch, 27.09.2017, 20:00 Uhr, Theater in Kempten
Zara Levina (1906-1976): Violinsonate (1928)

»Man kann oft hören, dass die Sprache der Musik ausgeschöpft ist, dass der Roman veraltet ist, dass es in den Landschaften nichts Neues mehr gibt. Das ist ein großer Irrtum. Denn künstlerisches Schaffen ist ja das Leben. Das Leben aber ist unendlich.« (Zara Levina)

Als Anfang 2017 die beiden KZara Levinalavierkonzerte von Zara Levina auf CD erschienen, stellte der Rezensent Johannes Saltzwedel im Spiegel fest, an den beiden »vielseitigen Stücken ließe sich die ganze Musik und Stilgeschichte Sowjetrusslands erzählen. Umso seltsamer, dass sie fast unbekannt sind.« Die überspitzte Anmerkung weist auf die kaum nachzuempfindenden Umbrüche hin, die eine Künstlerin zu verkraften hatte, in deren Lebens und Schaffenszeit zwei Weltkriege, die Revolution sowie der Zusammenbruch und totalitäre Wiederaufbau ihres Heimatlandes fiel. Welch unheilvoller Druck darüber hinaus von der staatlich gelenkten Kulturbürokratie ausgeübt wurde, ist aus den Biografien Sergei Prokofieffs oder Dmitri Schostakowitschs bekannt. Es grenzt an ein Wunder, dass sich unter diesen Voraussetzungen eine kompositorische Stimme entwickeln konnte, die unter ihren Kollegen, darunter der zeitgleich mit ihr in Odessa studierende David Oistrach, vorbehaltlos anerkannt war und vom Publikum geliebt wurde.

Dass die sowjetische Gängelung ihre Prinzipien nicht verbiegen konnte, hat eine Musik entstehen lassen, die man als ehrlich bezeichnen kann. »Zara Levina liebte das Meer sehr und ihre Musik hatte mit ihm vieles gemeinsam: Natürlichkeit und Lebendigkeit, Transparenz und Tiefe.« (Katia Tchemberdji)

Dieser Eindruck drängt sich auch auf angesichts der Klarheit der Violinsonate, von der es eine beeindruckende (nur noch antiquarisch zu findende) Aufnahme mit David Oistrach gibt, bei der die Komponistin selbst am Klavier sitzt. Die unbedingte Liebe zu ihrem Beruf als Komponistin, der nach der ursprünglichen Ausbildung zur Pianistin in Odessa und den Kompositionsstudien bei Glière und Mjaskowski in Moskau ihr Lebensmittelpunkt war, hat Zara Levina in einem der letzten nicht abgesendeten Briefe an einen unbekannten Empfänger, dem auch das vorangestellte Zitat entnommen ist, so ausgedrückt: »Das menschliche Leben ist von der Liebe bestimmt. Von der Liebe zum Freund, zu den Kindern, zum Schaffen, und schließlich zum eigenen Beruf. Der geliebte Beruf – das ist ein Geschenk des Schicksals, weil dieses Geschenk grenzenlos ist.«

Bleibt noch anzumerken, dass Zara Levina die Großmutter unserer diesjährigen Festival-Komponistin Katia Tchemberdji ist, nachhaltige Förderung der musikalischen Entwicklung der Enkelin eingeschlossen.

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