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Lili Boulanger: ›D’un matin de printemps‹ für Klaviertrio

Konzert II – Donnerstag, 28.09.2017, 20:00 Uhr, Theater in Kempten
Lili Boulanger (1893-1918): ›D’un matin de printemps‹ (1918) für Klaviertrio

Lili Boulanger (Foto: &copy Wikimedia public domain)Bei Lili (eigentlich: Marie-Juliette Olga) Boulanger haben die gleichen Möglichkeiten einer hochmusikalischen Familie wie bei ihrer älteren Schwester Nadia (siehe Artikel zum Konzert I) zu einer wie selbstverständlich ablaufenden Karriere geführt. Da sie wegen ihrer kränklichen Verfassung vergleichsweise spät ein reguläres Studium aufnehmen konnte, blieb ihr bis zu ihrem frühen Tod mit erst 24 Jahren kaum Zeit, ein umfangreiches Gesamtwerk zu schaffen, zumal sie früheste Kompositionen allesamt vernichtete, als sie sich 1909 für die Laufbahn als Komponistin entschieden und den Unterricht aufgenommen hatte. Als sie 1913 im ersten Anlauf (als erste Frau!) den begehrten Prix de Rome gewann, um dessen ersten Preis sich ihre bereits renommierte Schwester Nadia ein paar Jahre zuvor vergeblich bemüht hatte, war eine glanzvolle Karriere vorgezeichnet, die dann freilich bereits fünf Jahre später ein abruptes Ende fand.

Es ist nicht erkennbar, warum sich aus dem zwangsläufig kleinen Repertoire so gut wie nichts in den Konzertrepertoires hat verankern können, ist doch die Tonsprache oft bildhaft und fern jeden avantgardistischen Experimentierens und das musikologische Interesse groß. Die Äußerung des berühmten Dirigenten Igor Markewitch mag aus persönlicher Betroffenheit etwas überspitzt sein, trifft jedoch den Sachverhalt: »Als Freund Frankreichs möchte ich mein Erstaunen darüber zum Ausdruck bringen, dass Lili Boulanger nicht als die Persönlichkeit angesehen wird, die sie in Wirklichkeit ist; nämlich die größte Komponistin der Musikgeschichte … Das OEuvre von Lili Boulanger vermag viel besser, als ich es tun könnte, ihren Stellenwert in der Kulturgeschichte Frankreichs zu unterstreichen.« Und in der Zeitschrift Saturday Review hat Marc Blitzstein 1960 über die Weltureinspielungen einiger Werke Lili Boulangers geschrieben: »Eine Komponistin unseres Jahrhunderts, die keiner kennt, die nicht mehr lebt, wie gut kann sie sein? Gut ist gar kein Ausdruck. Sie ist außergewöhnlich. Ohne Wenn und Aber, sie ist eine ganz besondere Begabung … ihre Musik ist männlich in ihrem ausgeprägt kraftvollen Charakter und äußerst weiblich in ihrer Reinheit und lyrischen Sensitivität.«

D’un matin de printemps (An einem Frühlingsmorgen) ist vermutlich das letzte Stück, das Lili Boulanger mit Anstrengungen für drei unterschiedliche Besetzungen Anfang 1918 niedergeschrieben hat; am 15. März desselben Jahres war ihr kurzes Leben zu Ende. Es ist ein impressionistisches Tonbild, das trotz des einen unaufgeregten Tagesbeginn signalisieren den Titels auch kräftige Farben nicht scheut. Da scheint sich nach einem lebhaften Beginn ein Unwetter anzukündigen, das sich in einem abrupten Schlussakkord entlädt. Explosive Vitalität im Angesicht des nahen Todes!

Lili Boulanger in Wikipedia

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