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Ottorino Respighi: Klavierquintett f-Moll

Festivalauftakt – Konzert der Sponsoren, Sonntag, 23.09.2018, 19:00 Uhr, Theater in Kempten
Ottorino Respighi (1879-1936): Klavierquintett f-Moll (1902)

Ottorino Respighi, 1934 (Foto: Wikipedia gemeinfrei)Ottorini Respighi, der Sohn eines Klavierlehrers aus Bologna, war zunächst Bratschist und nahm bei Giuseppe Martucci, dem raren Fall eines italienischen Symphonikers, Unterricht in Komposition. Später war er zeitweilig Schüler des Russen Nikolai Rimski-Korsakow und des Deutschen Max Bruch. Diese internationale Ausbildung mag dazu beigetragen haben, dass Respighi einer der wenigen Meister des Opernlandes Italien wurde, der nicht nur auf der Bühne, sondern auch auf dem Konzertpodium dauerhaft Furore machte. Was mit seinem Bekenntnis zur Tradition zu tun hat. »Atonalität? – Dem Himmel sei Dank, das ist vorbei«, so schrieb er 1925. »Die Zukunft der Musik? Wer weiß! Ich glaube, dass jeder Komponist zu allererst individuell sein muss.« Der Tonalität blieb er zeitlebens treu. Seine »Römischen Tondichtungen«, wahre Prachtstücke der Programm-Musik für große und virtuose Orchester, machten ihn populärer als seine Opern, obwohl das im byzantinischen Ravenna spielende Musikdrama »La Fiamma« (Rom 1934) ein Welterfolg war. Mit großer Liebe setzte er sich mit Alter Musik und der Belcanto-Periode auseinander, arrangierte italienische Renaissance- und Barockmusik sowie Klavierstücke des alten Rossini im schillernden Klang des frühen 20. Jahrhunderts. Man nannte ihn einen »Pasticheur« oder einen »italienischen Impressionisten«, wahlweise auch Expressionisten, doch passt sein Œuvre nicht in eine einzige Schublade und hat genug Eigenständiges zu bieten. Dem italienischen Faschismus stand Respighi persönlich distanziert gegenüber. Er konnte oder wollte sich allerdings nicht gegen die Vereinnahmung durch das Mussolini-Regime wehren – zu sehr verehrte auch er die nationale Idee, zu sehr träumte auch er vom Glanz des alten Rom. Die Legionen, die in den »Pini di Roma« triumphal durch die Via Appia marschieren, erzählen davon unüberhörbar. Die Werke des Direktors der Accademia di Santa Cecilia wurden in den 1920er-Jahren meist im römischen »Augusteo«, einem eindrucksvollen und akustisch einmaligen Amphitheater, uraufgeführt. Ausgerechnet dieses wertvolle antike Gebäude musste im Todesjahr Respighis, 1936, den monumentalen Bauplänen des Duce weichen.

Klavierquintett f-Moll (1902)

Eine Reihe kleiner besetzter Werke zeigen, dass der Klangzauberer Respighi auch mit kammermusikalischer Raffinesse komponieren konnte. Kaum bekannt ist seine wirkliche, in jungen Jahren geschaffene Kammermusik. Das im Juni 1902 im Liceo musicale von Bologna mit dem Komponisten als Bratscher uraufgeführte f-Moll-Klavierquintett ist voll erstaunlich herbstlicher Schönheit. Viola und Cello dominieren das Geschehen. Das schwermütige Hauptthema des ersten Satzes erinnert an Martucci und logischerweise an dessen Idol Brahms, doch spätestens mit dem Einsatz des Klaviers kommt zum stimmungsvollen Streichergewebe südliche Vitalität eigener Prägung. Respighi, nicht nur Geiger und Bratscher, sondern auch Pianist von Format, gerät manchmal in die Nähe eines Kammerkonzerts für Klavier. Auf das ausschweifende Allegro folgt ein kurzes, dunkel getöntes Andantino, eine melancholische Canzone, die attacca in das brillante Tasten-Perlenspiel des Vivacissimo-Satzes übergeht. In dessen Mitte tauchen die ernsten Gedanken des Andantinos wieder auf, ja, scheinen die Oberhand zu gewinnen, ehe der schnelle Schlussteil in lichtere Regionen führt.

Gottfried Franz Kasparek

 

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