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Giuseppe Martucci: Cellosonate fis-Moll op. 52

Konzert III – Freitag, 28.09.2018, 20:00 Uhr, Theater in Kempten
Giuseppe Martucci (1856-1909): Sonate für Violoncello und Klavier fis-Moll op. 52 (1880)

Foto: Wikipedia, gemeinfreiEr war der Sohn eines Trompeters und Militärmusikers aus Capua. Schon als Achtjähriger trat er als Pianist auf, studierte in Neapel Klavier und Komposition und machte als Solist und Dirigent eine europäische Karriere. Giuseppe Martucci ist der rare Fall eines italienischen Komponisten, der keine einzige Oper schrieb, sondern neben einem Oratorium vor allem symphonische Werke und Kammermusik. Viele Jahre lang leitete er die »Società del Quartetto« in Neapel und Bologna, eine Institution, die sich nicht bloß für Quartette, sondern generell für die Aufführung von Instrumentalmusik im Land der Oper einsetzte. Sein Repertoire als Dirigent reichte von Beethoven und Schumann über Brahms und Charles Villiers Stanford bis zu Debussy. Wenn er einmal einen Seitensprung zum Musiktheater machte, musste es was ganz Besonderes sein. So leitete er 1888 in Bologna die italienische Erstaufführung von Richard Wagners »Tristan und Isolde«. Seine eigenen Werke wurden von Dirigenten wie Arturo Toscanini oder Gustav Mahler aufs Programm gesetzt. Franz Liszt lobte den jungen Martucci, Anton Rubinstein spielte seine Klavierkonzerte. Der Romantik blieb er sein Leben lang treu. Zu meisterhafter, weniger an Wagner, sondern mehr an Brahms geschulter Harmonik kommt in Martuccis Musik allerdings jener lyrische und gleichsam »singende« Tonfall, der eher an Giacomo Puccini denken lässt und seiner Musik eigenen Reiz verleiht. Als hoch geachteter Lehrer, unter anderem von Ottorino Respighi, starb er relativ früh und geriet immer mehr in den Schatten der Musikgeschichte. Nicht so sehr in seiner Heimat, wo sich in neuerer Zeit Riccardo Muti für ihn einsetzte. Mit Mirella Freni und dem Scala-Orchester nahm Muti zum Beispiel 1995 »La canzone dei ricordi« auf, einen in eleganter Wehmut schwelgenden Zyklus von Orchesterliedern. Es wird Zeit, sich auch in nördlicheren Breitengraden mehr an diesen sensiblen Meister einer spezifisch südlichen Spätromantik zu erinnern.

Sonate für Violoncello und Klavier fis-Moll op. 52 (1880)

Martuccis gewichtige Cellosonate ist das Werk eines 24-Jährigen. Es beginnt mit energischen Klavierakkorden, denen alsbald das Cello mit einem markanten Motiv antwortet. Ein poesievolles Seitenthema lässt entfernt an Schumann denken und führt zu leidenschaftlichen Dialogen der beiden Instrumente, die zwischendurch zu nachdenklichen Passagen finden. Auf dieses bewegte Allegro giusto folgt ein spritziges Scherzo, in dem gleichwohl das rhetorische Element das tänzerische überwiegt. Überraschend wirkt das verhaltene Trio, in dem bei aller Romantik wie hinter einem fein gewebten Schleier barocke Muster auftauchen. Doch das mit Geist und Witz insistierende Hauptmotiv kehrt zurück, bis zur lyrischen Finalgeste des Satzes. Eine schwermütige, doch völlig unsentimentale Stimmung durchzieht das Intermezzo, wie ein Gruß aus alter Zeit. Die vitalen Energien des Kopfsatzes kehren im Allegro-Finale in kunstvoller Metamorphose wieder. Die dichte Satztechnik hätte Brahms nicht besser weben können, doch die gleichsam erzählenden Themen Martuccis, die vitalen Einsprüche des Klaviers gegen die melancholischen Kantilenen des Cellos, das prächtige, freudig bestimmte Ende zeigen echte Originalität.

Gottfried Franz Kasparek

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